Initial Coin Offering ICO – der schnelle Weg zu viel Geld?

Du weisst bereits alles über ICO und Blockchain? Dann lies nicht weiter und nutze die gesparte Zeit für ein erfrischendes Bad oder zum Meditieren. Verstehst du jedoch bei ICO nur Bahnhof oder denkst an die International Coffee Organization, dann ist es höchste Zeit, diesen Blogpost über Initial Coin Offering (ICO) und Blockchain zu lesen.

 

Ein Start-up im Geldregen

„Zuger Start-up sammelt in zwei Tagen 25 Mio. Dollar ein“, so titelten die Handelszeitung und weitere Wirtschaftspublikationen im Februar 2018. Ein Start-up stand fast über Nacht im Geldregen! Es heisst Proxeus und arbeitet auf dem Gebiet der Blockchain-Technologie. Sein Domizil ist in Zug, im sogenannten Crypto Valley. Hier, genauer an der Hochschule Luzern, fand im Juni dieses Jahres auch die internationale Crypto Valley Blockchain-Conference statt und in Zug ist auch der Sitz der Crypto Valley Association. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, „das weltweit führende Ökosystem auf dem Gebiet von Blockchain und Kryptographie-Technologie (Verschlüsselung) zu werden“.

 

Blockchain-Technologie für dich und mich

Doch zurück zu Proxeus. Schauen wir uns dieses Beispiel doch etwas genauer an, um zu verstehen, wie Proxeus zum Liebling der Investoren wurde. Womit beschäftigt sich das Start-up? Proxeus beschreibt das Produkt, das es entwickelt hat, als "Wordpress für die Blockchain" und verspricht eine standardisierte Lösung, die Blockchain-Technologie allen zugänglich macht. So wie es mit WordPress plötzlich möglich wurde, dass jede*r ganz ohne Programmierkenntnisse selbst eine Website bauen konnte, so einfach anwendbar soll nun auch die Blockchain-Technologie werden. Das eigentliche Produkt war zwar beim Initial Coin Offering (ICO), noch nicht fertig, aber es lag eine Beta-Version vor, mit der Proxeus innerhalb von 48 Stunden rund 800 Anleger*innen überzeugen konnte, sogenannte Tokens (digitale Anteile) für 25 Millionen US-Dollar zu erwerben.

 

Tokens als Währung, um ein Projekt zu finanzieren

Der Begriff Initial Coin Offering (ICO), auch Token Sale genannt, lehnt sich an die englische Bezeichnung für Börsengang, Initial Public Offering (IPO), an. Statt Aktien werden beim ICO jedoch Tokens verkauft. Sie dienen als Währung, um das betreffende Projekt – bei Proxeus die Entwicklung der „Wordpress-Technologie für Blockchain“ – zu finanzieren. Grundsätzlich gibt es drei Arten von Tokens: 1. Nutzungs-Token, die Zugang zu einer (zukünftigen) Nutzung oder Dienstleistung geben, 2. Anlage-Tokens, d.h. Vermögenswerte wie z.B. Anteile an Unternehmen, Erträgen oder ein Anspruch auf Dividenden oder Zinszahlungen (vergleichbar mit Aktien oder Obligationen). 3. Gibt gibt es daneben aber auch Zahlungs-Tokens, d.h. reine "Kryptowährungen", die nicht mit weiteren Funktionalitäten oder mit Projekten verknüpft sind. Weitere Informationen zum Thema Tokens gibt’s in der Wegleitung der Schweizerischen Finanzmarkt-Aufsicht Finma.

 

Blockchain – Technologie der Zukunft

Die Abwicklung des traditionellen Börsengangs wird in der Regel von einer Investmentbank (dem sogenannten Underwriter) oder einem Konsortium aus mehreren Investmentbanken vorgenommen, die der Schweizerischen Bankenaufsicht Finma unterstehen. Nicht so beim ICO. Hier werden die Tokens mit Hilfe der Blockchain-Technologie verkauft – von Computer zu Computer – und deshalb braucht es keine Vermittler (Banken) mehr. Blockchain ist, gemäss Wikipedia, das Verfahren der kryptografischen Verkettung in einem dezentral geführten Buchführungssystem und die technische Basis für Kryptowährungen (wie beispielsweise Bitcoin, Ether, Monero etc.). Doch die möglichen Anwendungen von Blockchain sind viel breiter und stehen  – ähnlich wie einst beim Internet – erst ganz am Anfang. Blockchain kann nämlich nicht nur für Geldgewinnung und -Transaktionen eingesetzt werden, sondern auch um dezentral (also ohne Vermittler) Verträge abzuschliessen und um komplexe Prozesse einfach, schnell und transparent zu managen. Die Investoren haben Proxeus auch deshalb die Türen eingerannt, weil die Blockchain-Technologie als eine der wichtigsten Zukunfts-Technologien mit unzähligen, erst erahnbaren Möglichkeiten gilt. Wenn ihr nun etwa genauer wissen wollt, wie die Zukunftstechnologie Blockchain funktioniert, schaut euch dieses leicht verständliche Erklär-Video an.

 

Hohes Risiko, Geldwäscherei und Terrorfinanzierung - Kritik an ICO und Kryptowährungen

Doch beim fehlenden Vermittler – und der somit fehlenden Kontrolle, welche dieser z.B. als Bank gleichzeitig ausüben sollte – setzt denn auch die Kritik an. So warnt (nicht nur) die Finma, dass die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass Tokens, die bei ICOs erworben werden, grossen Preisschwankungen unterworfen sein werden. ICO-Projekte seien noch in einem frühen Stadium der Entwicklung und somit grossen Unsicherheiten ausgesetzt, sagt die Finma. Sie hat nun eine Arbeitsgruppe eingesetzt, welche sich bis Ende 2018 speziell mit ICO-Projekten und den Schweizer Regulierungsvorschriften auseinandersetzen soll. Neben dem Ziel, Investoren vor Verlusten zu schützen, gibt es aber ein noch viel gravierenderes Problem. Wie „Echo der Zeit“ in einem Bericht Anfang Jahr darlegte, gelten Kryptowährungen auch als „Spielzeug von Spekulanten und Kriminellen“ um Geld zu waschen und sich im Schatten des regulierten Finanzmarktes zu bewegen. Nicht nur können Kryptowährungen dazu missbraucht werden, Geld vor Steuerbehörden zu verstecken, sondern sie können auch zur Finanzierung von Terrorismus dienen. Schätzungen der Strafverfolgungsbehörde Europol gehen davon aus, dass im Jahr 2017 4,5 Mia. EU in Kryptowährungen gewaschen worden sind.

Doch im Bereich ICO ist inzwischen einiges im Wandel: War es vor ein, zwei Jahren in einigen Fällen noch möglich, auf der Basis einer Ideen-Skizze Tokens zu verkaufen, so braucht es heute eine seriöse, sorgfältige Vorbereitung für ein ICO und eine gut dokumentierte, ausgereifte Business-Idee. Die Anforderungen der Investoren sind strenger geworden, die Erwartungen höher. Mehr darüber, was es für ein ICO heute braucht, wird uns im nächsten Blogpost die Blockchain-Expertin Aliya Das Gupta berichten.

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