Neuland erkunden: Eine wahre Geschichte zu Migration und Kooperation

„Im Gefängnis in Budapest wollte sich einer unserer Freunde selbst die Fingerkuppen verbrennen, um ohne Fingerabdrücke die Aufnahme als Flüchtling in Ungarn zu vermeiden.“

 

So erzählte Ali Hasan von seiner Flucht aus Damaskus über den Balkan bis nach Berlin. Ali war letzte Woche einer der fünf Redner von Wahre Geschichten Neuland im Impact Hub Berlin, einer Veranstaltung in der Menschen ihre Migrationsgeschichten vor Publikum vortragen. Nicht alle haben so etwas Aussergewöhnliches erlebt wie Ali bei seiner 16-tägigen Flucht aus Syrien. Doch alle Geschichten sind einzigartig, bewegend und vor allem sehr persönlich. In der Erinnerung bleibt auch die Geschichte von Esther, die fast 20 Jahre als Sans-Papiers illegal in der Schweiz lebte und seit kurzem ihre offizielle Aufenthaltsgenehmigung erhielt. Esther erzählte im Viaduktbogen des Impact Hub Zürich von ihrem Leben in dauernder Angst vor Behörden und Polizei, ohne Berechtigung auf Arbeit, Versicherungen oder Reisen in die brasilianische Heimat. Doch sie erzählte auch von ihrer Liebe zur Schweiz und ihrer Hoffnung auf Anerkennung und Integration.

 

Wahre Geschichten Neuland

Wahre Geschichten lässt Menschen ihre Geschichten vor Publikum erzählen. Die Variante „Wahre Geschichten Neuland“ bietet Rednerinnen und Rednern eine Bühne für deren Migrationsgeschichten. Damit soll den häufig anonymen „Migranten“ oder „Flüchtlingen“ ein Gesicht gegeben werden. Wir möchten die Geschichten von den Menschen selbst hören anstelle von Anderen, die nur über sie reden – wie dies so häufig gerade in der aktuellen öffentliche Debatte geschieht. Und wir möchten vor allem beim anwesenden Publikum, aber auch bei tausenden Hörern und Zuschauern der Podcasts und Videos, einen bleibenden Eindruck hinterlassen: Migrationsgeschichten haben wir alle. Die einen selbst, die anderen in der Familie. Aber allesamt. Ohne Ausnahme.

 

Doch wie kam es zu Wahre Geschichten Neuland?

Nicola, Gründungspräsident des Think-Tanks  foraus, und ich, Mitgründer des Impact Hubs sind seid einigen Jahren befreundet. Und schon seit einiger Zeit sprachen wir davon, dass foraus und Impact Hub Zürich etwas gemeinsam unternehmen sollte – etwas, das unsere beiden Organisationen verbindet. Der Think Tank foraus prägt mit seinem Netzwerk die Schweizer Aussenpolitik von morgen und führt zurzeit ein wichtiges Projekt zur Migration in der Schweiz durch. Der Impact Hub schafft ein Umfeld für eine zukunftsfähige Wirtschaft und Gesellschaft und einige Impact Hubs, insbesondere in Osteuropa erleben die Schicksale von Flüchtlingen vor Ort. Beim Grillieren im Sommer letzten Jahres waren Nicola und ich uns dann einig, dass foraus und Impact Hub gemeinsam Migrationsgeschichten eine Plattform bieten sollten. Nur wie?

 

Da kamen uns Benedikt und Felix von Wahre Geschichten in den Sinn. Die von The Moth inspirierte Initiative lässt persönliche Geschichten live auf der Bühne erzählen. Auch Podcasts von den Auftritten gibt es bereits. Gemeinsam mit ihnen ging es richtig los. Beim Treffen am Montagmorgen um 7 Uhr wurde das Thema geschärft, die Rednerprofile definiert, Orte gewählt, der Name „Neuland“ entstand und Jonas, Projektleiter bei foraus, übernahm die Organisationsleitung. Ben und Felix wagten sich mit vollem Engagement an das Coaching der Vortragenden in drei Städten heran. Denn statt einer einzigen Veranstaltung fand Wahre Geschichten Neuland im November im Impact Hub Zürich, im Dezember im Impact Hub Genf und letzte Woche im Impact Hub Berlin statt – mit vielen weiteren Helferinnen und Helfern, Bekannten und befreundeten Organisationen wie Polis 180 und SINGA Deutschland in Berlin. Die unterschiedlichen Geschichten können schon bald im Wahre Geschichten Podcast gehört werden. Ein Video-Vorgeschmack gibt es hier.

 

Zürich, Genf, Berlin – War es das jetzt?

Eigentlich geht es jetzt erst richtig los. Die 15 wahren Migrationsgeschichten aus Zürich, Genf und Berlin sind erst der Anfang. Unsere Vision ist, dass wir einen positiven Beitrag zur Migrations- und Flüchtlingsdiskussion in Europa beitragen können. Wir wollen lieber von Migrierten und Geflohenen ihre Geschichten erfahren, statt nur über sie zu reden. Für 2016 sind wir schon mit unseren Kollegen beim Impact Hub in Wien im Gespräch und auch in einem der vier Londoner Impact Hubs soll Wahre Geschichten Neuland stattfinden. Und sofern wir etwas finanzielle Unterstützung auftreiben können, sollen schon bald wahre Migrationsgeschichten in wichtigen Städten Europas, wie Athen, Belgrad, Budapest, München, Paris und Stockholm einen Beitrag für eine multi-kulturelle, multi-ethnische und multi-nationale europäische Gemeinschaft leisten. Dies wäre auch eine schöne Geschichte von Kooperation zwischen Grassroots Organisationen wie foraus, Wahre Geschichten und Impact Hub. Gemeinsam lässt sich in der Tat mehr bewegen - und hoffentlich auch bewirken. Weitere Mitstreiterinnen und Mitstreiter sind höchstwillkommen!

 

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