Der Zug rattert über die Köpfe hinweg, für einen kurzen Moment verstummt das Gespräch. Doch dann ein kurzes Lächeln, und HSG-Doktorand Michel Bachmann erklärt: «Daran muss man sich im Hub gewöhnen.» Der Hub, ein aus der Aviatik entlehnter Anglizismus für «Knotenpunkt», befindet sich unter zwei Bögen des Viadukts im Zürcher Kreis 5, gleich neben der Badminton-Halle. Dieser Knotenpunkt soll eine Anlaufstelle werden für nachhaltiges Unternehmertum. Unter den Bögen befinden sich flexible Arbeitsplätze, die stunden- oder monatsweise gemietet werden können. Für 40 Franken kann sich ein Unternehmer während 5 Stunden monatlich einmieten, wer den ganzen Monat im Hub arbeiten will, zahlt 490 Franken und erhält einen eigenen Schlüssel.
Jurist lernt von Künstlerin
Vier junge Männer, alle um die dreissig Jahre alt, sitzen an einem langen Tisch im Eingangsbereich. Noch vor einem Jahr lag an dieser Stelle nur ein grosser Haufen Schutt, aber in der Luft schwebte bereits der Unternehmergeist von Hagen Krohn, Niels Rot, Christoph Birkholz und Michel Bachmann. Das Hub-Konzept hätten nicht sie erfunden, in anderen Städten der Welt gebe es bereits andere Hubs, beispielsweise in London, São Paulo und Johannesburg, räumen sie ein. Aber sie wollen diese Idee nun nach Zürich bringen.
Wer mit dem Gedanken spiele, ein eigenes Unternehmen zu gründen, der scheitere schnell einmal an der Umsetzung, erzählt Michel Bachmann. Denn direkt nach der Studienzeit bedeute es, den lukrativen Job bei der Unternehmensberatung auszuschlagen und einen Schritt ins Ungewisse zu wagen. Für viele sei dies zu riskant, und eine gute Idee verlaufe so oft im Sand, fügt Bachmann hinzu.
Der Hub soll den Einstieg in die Selbständigkeit erleichtern. So müsse nicht gleich alles auf eine Karte gesetzt werden, sagen die vier im Gespräch. Indem sich viele Jungunternehmer ein Büro teilten, könnten sie durch gezielte Durchmischung vom Wissen der anderen profitieren. Die Webdesignerin vom Finanzexperten, der Jurist von der Künstlerin und umgekehrt.
Für die richtige Durchmischung ist Niels Rot zuständig: Er ist der «host» und schaut zum einen, dass das verfolgte Projekt nachhaltig ist, zum andern, dass neue Mitglieder in den Hub passen. «Wir suchen Unternehmer, welche die Philosophie dahinter verstehen. Das ist wichtig, damit das Konzept funktioniert», verdeutlicht Rot.
Physisches Netzwerk
Der Hub fördert insbesondere auch den interaktiven Austausch mit anderen Mitgliedern an gezielten Anlässen. In sogenannten «Challenge Labs» kann eine Geschäftsidee anderen Mitgliedern vorgestellt werden, die das Projekt kritisch prüfen. Davon profitieren besonders Unternehmer in ihrer Anfangsphase. Wer seinen Businessplan professionell durchleuchten lassen will, kann von der Partnerschaft mit einem grossen Wirtschaftsprüfer profitieren.
Auch für interessierte Nichtmitglieder werden zweimal monatlich Veranstaltungen zu verschiedenen Themen durchgeführt, wie beispielsweise über die sich anbahnende Wasserkrise, die Zukunft der Mobilität, innovative Bildungskonzepte oder nachhaltige Finanzmärkte. Diese Anlässe sind für den Hub auch gleichzeitig die Schnittstelle nach aussen. Sie wollten ein soziales Netzwerk gründen, das in der Realität und nicht nur im Internet bestehe, sagt Niels Rot. Nur die reale Kommunikation zwischen zwei Menschen könne Vertrauen aufbauen, betont er.
An solchen Netzwerk-Veranstaltungen sehen es die vier Hub-Gründer deshalb auch als essenziell an, genau diese Verbindungen zu schaffen. Laut Niels Rot funktioniert das meistens folgendermassen: «Ich kenne beispielsweise jemanden, der ein Projekt im Bereich Wasser aufbauen will, und jemanden, von dem ich weiss, dass er in diesem Bereich schon tätig war. Ich stelle diese beiden einander an einem Anlass kurz vor und verabschiede mich dann wieder. So sind schon viele Partnerschaften zustande gekommen, die sich sonst nicht ergeben hätten.»
Die Hub-Gründer setzen sich zwar für nachhaltiges Jungunternehmertum ein, sind selber aber auch ein Startup. Der ursprüngliche Initiant Michel Bachmann lernte die anderen Gründer über das studentische Netzwerk «oikos» kennen. Obwohl noch im Dezember 2009 kein Businessplan stand, waren im Februar 2010 die Mietverträge für die Viaduktbögen bereits unterzeichnet. Bis im Sommer musste das Startkapital von einer halben Million Franken her, damit gebaut werden konnte. Unterstützt wird der Hub von verschiedenen Stiftungen, Partnern aus der Wirtschaft und von Privatpersonen. Der WWF Schweiz bürgte gar für die Miete und ermöglichte so den Startschuss.
Grosser persönlicher Einsatz
Auch viel persönlicher Einsatz steckt in den Räumlichkeiten: Vieles wurde selber gebaut, angemalt und zusammengesetzt, meist mit Hilfe der wachsenden Hub-Gemeinschaft. Hagen Krohn prägte den anderen den Satz ein: «Heute Nacht ist auch noch ein Tag.» So übernachteten die vier oftmals auf einer Matratze im Obergeschoss des Hubs – wo die Züge auch nachts über die darüber liegenden Geleise donnern.
«Wir sind kein klassisches Non-Profit-Unternehmen», sagt Christoph Birkholz, der die Finanzen verwaltet. Man wolle sicherlich Geld verdienen, aber nicht um jeden Preis. «Wir nennen uns lieber For-Purpose-Unternehmen», ergänzt Hagen Krohn, der Profit sei Mittel zum Zweck, nämlich eine nachhaltigere Gesellschaft anzustreben. Der Hub Zürich wird am 29. Januar eröffnet.
Quelle/Source: NZZ
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